Dinkel: Stiller Tot unter dem Eis befürchtet
Das letzte große Fischsterben in der Dinkel ist gerade einmal sechs Jahre her und nun müssen die Angler des Angelsportvereins Nienborg Dinkel e.V. (ASV) wieder mit dem Schlimmsten rechnen. Grund für diese Annahme ist ein Leerlaufen der Dinkel am Dienstagvormittag in Zusammenhang mit den frostigen Witterungsverhältnissen. In den vergangenen Tagen hat sich auf der Dinkel eine 15 cm dicke Eisschicht gebildet. „Das ist erst mal nicht bedrohlich für die Fische der Dinkel“, weiß Christian Schubert, Vereinsvorsitzender des ASV. „Die Fische verweilen derzeit am Gewässergrund in einer Art Winterruhe. Zwischen Eisschicht und Gewässergrund sind bei einem normalen Wasserstand noch 80-100 cm nicht gefrorenes Wasser, das den Fischen zum Überleben ausreicht“.
Nicht so am Dienstagvormittag, denn da ist die Eisdecke der Dinkel fast vollständig eingebrochen und abgesackt. Grund dafür ist ein vorangegangenes Ablassen des Wassers über das Mühlenwehr. „Durch das Öffnen des Schleusenwehres und dem damit eingeleiteten Wasserabfluss ist das Wasser unter der Eisschicht fast vollständig abgeflossen. Die Eisdecke hat sich teilweise bis zum Gewässergrund abgesenkt. „Den Fischen ist praktisch die Decke auf den Kopf gefallen“, beschreibt Schubert die Situation.
Bereits am frühen Dienstagmorgen haben zahlreiche besorgte Bürger der Gemeinde und Vereinsmitglieder des ASV den Vorsitzenden über den Zustand an der Dinkel informiert. Vor Ort wurden für den Vorsitzenden die schlimmsten Befürchtungen wahr. Die Dinkel ist leergelaufen und 15 cm dicke Eisschollen bedecken teilweise flächig den Gewässergrund. Unmittelbar durchgeführte Wasserstandmessungen durch den ASV ergaben, dass in vielen Bereichen das Eis bis auf den Grund abgesackt ist. Lediglich kleinere, tieferliegende Bereiche im Flussbett wiesen noch einen Wasserstand zwischen Gewässergrund und Eisdecke von 5 bis max. 20 cm auf. „Für die Dinkel mit ihrer Fischfauna ist das eine Katastrophe“, beschreibt Schubert den Zustand am Dienstagmorgen. „Wir müssen davon ausgehen, dass viele Fische von der Eisdecke regelrecht zerdrückt wurden. Vielleicht konnten sich einige Fische in etwas tiefere Gewässerbereiche retten, es ist aber davon auszugehen, dass eine derartige Stresssituation nicht allzu viele Fische überstehen.“
Die Annahmen des Vereinsvorsitzenden werden auch vom Landesfischerei-verband Westfalen und Lippe e.V. (LFV) aus Münster geteilt. „Es ist mit größeren Fischverlusten zu rechnen. Für die Fische, die sich vor der eindrückenden Eisdecke in die wenigen, tieferen Bereiche retten konnten, besteht Aufgrund der Stresssituation und den vorherrschenden Bedingungen nur noch wenig Hoffnung, “ so Dr. Olaf Niepagenkemper. „Zudem kann davon ausgegangen werden, dass in den trockengefallenen Uferbereichen Muscheln und Kleinlebewesen erfroren und eingetrocknet sind, “ so der Fischereiexperte aus Münster.
Wie groß der fischereiliche Schaden tatsächlich ist, ist derzeit noch schwer abzuschätzen. „Die toten Fische können durch das Eis nicht erfasst werden, sie verbleiben zudem bei diesen Temperaturen am Gewässergrund und schwimmen nicht auf, wie es bei einem durch Sauerstoffmangel hervorgerufenen Fischsterben im Sommer zu beobachten ist. Erst durch ein fischereiliches Gutachten kann Aufgrund der Besatzmaßnahmen und den Aufzeichnungen des ASV der Schaden genauer beziffert werden“, berichtet Benedikt Heitmann (LFV).
Ursache des Wasserablaufes ist nach Auffassung der Fischereiexperten eine unsachgemäß geführte Regulierung des Wasserstandes am Mühlenwehr. Nach Angaben der Eigentümerfamilie, die für die ordnungsgemäße Wasserführung zuständig ist, habe man „In den vergangenen Tagen mehrfach das Wehr geöffnet und geschlossen, um eine Eisbildung an der Wehranlage zu verhindern.“ Dabei muss wohl ein rechtzeitiges Schließen der Wehranlage versäumt worden sein. Der Vorsitzende des ASV zeigte sich darüber sichtlich verärgert. „Bereits im Dezember ist die Dinkel fast vollständig leergelaufen. Zum wiederholten Mal werden Mindestwassermengen, die vom Wassergesetz des Landes vorgeschrieben sind, bei der Regulierung nicht eingehalten“, so Schubert.
Mehrere Tausend Euro hat der Verein seit dem Fischsterben im Jahr 2006 in Besatzmaßnahmen heimischer Fischarten investiert. Nach Angaben des Vereins hatte man gerade wieder eine Bestandsdichte erreicht, bei der sich die Fische selbst reproduzieren. Den entstandenen Schaden werden die Nienborger Angler in Zusammenarbeit mit dem LFV ermitteln. „Es ist das mindeste, dass der entstandenen Schaden durch den Verursacher ersetzt wird“, so Schubert. Am Dienstagmittag wurde das Wehr dann auf Druck der Gemeinde Heek, des ASV und LFV wieder geschlossen. Für die Angler ist die Situation damit aber noch nicht gebannt. „Ob sich die Eisdecke mit dem Anstieg des Pegels auch wieder hebt oder ob die verkeilten Eisschollen am Gewässergrund verbleiben und die überlebenden Fische einschließen, muss sich in den kommenden Tagen zeigen“, so Schubert. -hei-